HOMESCHOOLING IN ÖSTERREICH – HÄUSLICHER UNTERRICHT

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Seitdem die Zahl der von der Schule in den häuslichen Unterricht abgemeldeten Kinder während der Schulschließungen (Corona) „in die Höhe schoss“ (auf dem Höhepunkt der „Abmeldungswelle“ 2021 war gerade einmal rund ein Prozent der Pflichtschüler im häuslichen Unterricht, zu Beginn des Schuljahres 2022/23 war die Zahl wieder auf ca. 4000 zurückgegangen), wurden die schon davor relativ strengen Regeln betreffend den häuslichen Unterricht noch einmal verschärft.

Was hat sich geändert – was gilt es zu beachten und wie gehe ich vor, wenn ich mein Kind zu Hause lernen lassen möchte?

In Österreich gibt es nach wie vor eine Unterrichtspflicht, die für alle in Österreich gemeldeten Kinder 9 Jahre ab Eintritt in die Schule gilt bzw. frühestens nach der 4. Klasse Unterstufe/MS beendet ist. Das heißt, dass Kinder, die die Vorschule nicht besucht haben und kein Jahr wiederholen mussten, erst nach der 9. Schulstufe nicht mehr unterrichtspflichtig sind, die anderen nach der 8. Schulstufe. Dieser Unterricht kann an einer Schule mit Öffentlichkeitsrecht, einer Schule ohne Öffentlichkeitsrecht, oder eben in den eigenen vier Wänden stattfinden. In den beiden letzteren Fällen müssen Externistenprüfungen abgelegt werden.

(Der Vollständigkeit halber: Es besteht auch nach Beendigung der Unterrichtspflicht weiterhin eine Ausbildungspflicht bis zum 18. Geburtstag. Das heißt, es muss eine Ausbildung erfolgen in Form eines weiteren Schulbesuchs (auch als Externisten möglich), Lehre,…)

Eine Anzeige des häuslichen Unterrichts muss mittels Formular bis zum letzten Schultag des vorangehenden Schuljahres (also vor Beginn der Sommerferien) bei der zuständigen Bildungsdirektion eingereicht werden. Die Formulare (zum Ausdrucken oder als e-Formular) finden sich auf der Seite der Bildungsdirektion des jeweiligen Bundeslandes, in dem das Schulkind gemeldet ist.

Bei der Abmeldung muss außer den Daten des Kindes und der Schulstufe auch angegeben werden, nach welchem Lehrplan der häusliche Unterricht erfolgt und welche Person den Unterricht durchführen wird. Je nach Bundesland werden außerdem mehr oder weniger detaillierte Informationen verlangt, die die fachlichen Kompetenzen der/des Unterrichtenden und die Planung des Unterrichts, das pädagogische Konzept sowie den Ort des Unterrichts betreffen. Auch spezielle Fördermaßnahmen sollen skizziert werden.

Es müssen verschiedene Dokumente die Idendität des Kindes betreffend und das letzte Jahreszegnis (außer es handelt sich um erste Klasse oder Vorschule) beigelegt werden.

Sobald man den Bescheid über Nichtuntersagung von der Bildungsdirektion erhalten hat – was bedeutet, das Kind darf zu Hause unterrichtet werden – kann man sich um Schulbücher und Externistenprüfungen kümmern.

In dem Bescheid werden die Fächer genannt, in denen für das betreffende Schuljahr Externistenprüfungen abgelegt werden müssen.

Das Kind wird bei der zuständigen Schule oder Externistenprüfungskommission zu den Prüfungen angemeldet. Welche Stellen zuständig sind, kann man ebenfalls der Website der Bildungsdirektion entnehmen.
In Salzburg Stadt ist z.B. zur Zeit die Mittelschule Nonntal für den Bereich MS zuständig, Kinder im Volksschulater legen die Prüfungen an der Volksschule Seekirchen (Bildungsregionen Stadt Salzburg und Flachgau) oder an der Volksschule Bischofshofen-Markt (Tennengau, Pongau, Pinzgau, Lungau) ab, für AHS ist eine zentrale Prüfungskommission, die im Abendgymnasium Salzburg Stadt untergebracht ist, zuständig. Auch für BHS gibt es zugeordnete Schulen. (Nue ist die Vorschreibung der Prüfungsschule. Früher durfte man in ganz Österreich an zugelassenen Schulen die Prüfungen ablegen.)

Und hier die erste große Änderung, die den Externisten seit dem letzten Schuljahr das Leben deutlich erschwert: Alle Prüfungen müssen zwischen dem ersten Juni und dem Ende des Schuljahres abgelegt werden. (Früher standen dafür zumindest zwei Monate zur Verfügung, Mai und Juni.)

Für Volksschüler ist das vielleicht noch keine ganz so große Sache, da sie nicht so viele Prüfungen ablegen müssen. Im Bereich MS und AHS kommen da oft schon 10 oder mehr Prüfungen zusammen, die wie die Erfahrung zeigt aus logistischen Gründen dann manchmal sogar innerhalb von drei Wochen abgelegt werden müssen.

Wenn alles klappt, wird nach positivem Abschluss aller Prüfungen ein Externistenpfüfungszeugnis ausgestellt, das der Bildungsdirektion vorgelegt werden muss.

Was gleich geblieben ist, ist, dass bei Nichtantreten oder Nicht-Bestehen auch nur einer einzigen Prüfung (Haupt-oder Nebenfach) das gesamte Schuljahr an einer Schule mit Öffentlichkeitsrecht wiederholt werden muss.

Es gibt zwar eine Klausel, die besagt, dass Externistenprüfungen wiederholt werden dürfen, da sie jedoch nicht an Schulfreien Tagen stattfinden dürfen (sprich Sommerferien) und nach einer nicht bestandenen Prüfung eine zweimonatige Prüfungssperre auferlegt wird, kann eine Prüfung nicht vor Beginn des nächsten Schuljahres wiederholt werden.

Wieso dieser Umweg der Handhabe (anstatt einfach zu sagen, die Prüfungen dürfen nicht wiederholt werden)?
Die Regelung, dass es keine Wiederholungsmöglichkeit gibt, betrifft ja nur die Pflichtschüler. Ab der 9. bzw. 10. Schulstufe werden die Schüler/innen wie „normale“ Externisten gehandhabt. D.h. sie können Prüfungen das ganze Jahr über ablegen (je nach Angebot der Externistenprüfungskommission) und auch wiederholen. Es müssen nicht alle Prüfungen einer Schulstufe innerhalb eines Schuljahres abgelegt werden. Es dürfen auch Prüfungen mehrerer Schulstufen in einem Jahr abgelegt werden, allerdings darf der Prüfling nicht jünger sein als der Schulstufe entspricht. Also z.B. ist ein Ablegen der 6. Schulstufe in einem Fach für einen dem Alter nach 7-Klässler zulässig, umgekehrt jedoch nicht.

Zu den Materialien: Kinder im Pflichtschulalter haben Anrecht auf den Bezug von Gratischulbüchern, die entweder über die Sprengelschule des Wohnsitzes oder die Externistenprüfungskommission bezogen werden können.

Für genaue Informationen betreffend der Anzeige zum häuslichen Unterricht wendet man sich am besten an die zuständige Bildungsdirektion, für Info zu den Externistenprüfungen selber an die jeweils zuständige Schule oder Externistenprüfungskommission.

Hier die Links zu den Bildungsdirektionen in den verschiedenen Bundesländern:

https://www.bildung-wien.gv.at/ Wien

https://www.bildung-bgld.gv.at/ Burgenland

https://www.bildung-ktn.gv.at/ Kärnten

https://www.bildung-noe.gv.at/ Niederösterreich

https://www.bildung-ooe.gv.at/ Oberösterreich

https://www.bildung-sbg.gv.at/ Salzburg

https://www.bildung-vbg.gv.at/ Vorarlberg

https://bildung-tirol.gv.at/ Tirol

https://www.bildung-stmk.gv.at/ Steiermark

Homeschooling in Austria – How to go about it

When the number of pupils taken out of school by their parents „soared“ in 2021 (that number rose to around 1 % at its highest level), the already relatively strict rules regarding home education were tightened yet again.

What do I need to know before taking my child out of school in Austria?

Generally, formal education is compulsory for all children registered in Austria, starting at the age of 6 and lasting for 9 years, but at least until 8th grade. Thus, children who have repeated a school year or visited what is called „Vorschule“ before entering first grade, are done by 8th grade (which is 4th grade Mittelschule or Unterstufe in Austria), the rest has to do one more year.

Parents must submit a written request to the education department (Bildungsdirektion) by the last school day of the previous school year (i.e. before the start of the summer holidays). Forms for this request can be downloaded from the website of the education department of each county. The forms differ from county to county and may ask for more or less detailedinformation on your homeschool planning.

Parents will then in most cases receive a notification saying they are „not prohibited“ from teaching their child at home, meaning they are allowed to teach at home. They can now concern themselves with registering for the Externistenprüfungen (exams) and order the respective school books. The notification includes a list of the subjects the student has to cover that school year.
The child is then registered for the examinations with the respective school or external examination committee (Externistenprüfungskommission). A list of these schools is also available on the web page of the education department.

One major change is that since the school year of 2021/22, all exams must take place between June 1st and the end of the school year. Especially for the ages 10 to 15, this means that sometimes 10 or more exams are scheduled within as little as three weeks, due to organizational hurdles. (Before, there were usually at least two months, May and June, reserved for the exams.)

If everything goes according to plan, the student will receive a report card at the end of the school year which has to be submitted to the Bildungsdirektion.

If the student fails even a single exam (or does not show up), they have to repeat the entire school year at a public school.

Exams may not be repeated.
There actually is a clause in the law stating that Externisten – exams can be repeated, but they cannot take place on days schools are off (hence not in the summer holidays) and after a failed exam, the student is banned for two months from trying again.
Why, you ask, this complicated set of rules preventing a repetition of tests?
This rule only affects students in the compulsory school system. Once they have finished 9 years of schooling, the rules change and are the same as the ones applying to adult students who, for example, want to receive their A-Levels (Matura or Reifeprüfung) at a later point in life.
These Externisten can sit exams from September to the end of the school year and repeat them in case they fail an exam, during the same school year or the following year.

Books:
Students are entitled to free school books, which can be obtained either from the district school of the place of residence or from the external examination committee in charge.

For detailed information regarding the necessary paperwork, it is best to contact the education department.

For information on the examinations themselves, parents should get in contact with the school or external examination committee.

Here are the links to the education departments in the various Austrian counties:
https://www.bildung-wien.gv.at/ Vienna
https://www.bildung-bgld.gv.at/ Burgenland
https://www.bildung-ktn.gv.at/ Carinthia
https://www.bildung-noe.gv.at/ Lower Austria
https://www.bildung-ooe.gv.at/ Upper Austria
https://www.bildung-sbg.gv.at/ Salzburg
https://www.bildung-vbg.gv.at/ Vorarlberg
https://bildung-tirol.gv.at/ Tyrol
https://www.bildung-stmk.gv.at/ Styria


Für die auf dieser Website bereitgestellten Informationen, deren Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit wird keine Haftung übernommen.

Unterrichtsmaterialien bei Mein Homeschool Blog!

Wir haben etws Neues für euch Homeschooler – und natürlich auch allen anderen Lernenden und Lehrenden!

Unter dem Reiter Homeschoolhilfen -> Unterrichtsmaterialien stelle ich fortlaufend Zusammenfassungen und Unterrichtmaterialien, vorwiegend zur Wiederholung einzelner Kapitel oder des gesamten Jahresstoffs eines Faches ein.

Schaut mal rein, manches ist frei verfügbar und kann einfach heruntergeladen werden, anderes (umfangreicheres) Material kann für einen kleinen Unkostenbeitrag über Eduki erstanden werden.

Immer wieder mal reinschauen lohnt sich!

Das Schuljahr ist geschafft!

Und wir haben es geschafft – alle Prüfungen erledigt, und gar nicht mal schlecht abgeschnitten!

Was für ein Kuddelmuddel dieses Schuljahr doch war, für uns Homeschooler und auch alle anderen Schüler, Eltern und Lehrer!

Hoffen wir, dass es kommendes Schuljahr wieder etwas normaler zugeht!

Aber jetzt erst mal auf in die wohlverdienten Ferien!

Biologie hautnah – ein Besuch im Haus der Natur

Jetzt sitzen wir ja wieder alle im Lockdown… Davor hatten wir aber noch die Gelegenheit, den gesamten Biologiestoff dieses Jahres im Naturkundemuseum hautnah zu erfahren!

Ein Blick ins Inhaltsverzeichns des Bio-Buches ergab, dass es dieses Jahr hauptsächlich um den Menschen geht. Stoffkreislauf, Nervesnsystem, Verdauung, Muskulatur, Skelett… alles dabei. Im örtlichen Naturkundemuseum werden diese Themen sehr anschaulich aufbereitet, mit vielen interaktiven Ausstellungsstücken, Videos und anschaulichem Bild- und 3D-Material.

Leider hat nicht alles an Interaktivem funktioniert, unser Liebling, das Gehirn, war diesmal lahmgelegt. Aber das geht ja uns auch manchmal so…

Geschmunzelt haben wir über eine Kabaret-Vorführung via Videoleinwand mit dem Thema Sexualerziehung. Sehr gelungen, fanden wir.

Das zweite Thema für dieses Schuljahr, die Ökologie, in unserem Buch an den Beispielen Lebensgemeinschaften im Meer und in der Stadt vertreten, haben wir nach dem langen Tag nur mehr kurz angerissen und uns für den nächsten Besuch vorgenommen. Der hoffentlich bald wieder möglich sein wird, denn gerade die Meeresausstellung sieht sehr vielversprechend aus!

Und nachdem es gerade eine Sonderausstellung über Kristalle gab – eine große Leidenschaft unseres Töchterleins – musste dafür natürlich auch noch Platz sein!

Hier ein paar Eindrücke von unserem Tag im Museum!

NEU! – Planungshilfen für den Häuslichen Unterricht

Um euch die Planung des kommenden Schuljahres im Homeschooling zu erleichtern, habe ich mithilfe unserer Erfahrungen für euch Planer zusammengestellt, die ihr im Download-Bereich findet.

Alle Planer orientieren sich am österreichischen Lehrplan und den Prüfungsfächern bei den Externistenprüfungen für die jeweilige Schulform.

Es gibt für jeden Bereich – Volksschule, (Neue) Mittelschule und AHS – zwei Planer: Eine Version in einem fröhlich-bunten Design und eine nette, Druckerfarbe schonende schwarz-weiß-Ausgabe.

Die Planer sind im pdf-Format zum einfachen Ausdrucken und Ausfüllen. An einer digitalen Version arbeite ich gerade, ich finde es aber selber oft günstiger, wenn man die Planung im Papierformat macht. So kann ich die Planer vorbereiten und sie dann den Kindern übergeben. Und ganz ehrlich: Ich bin froh, wenn wir alle weniger Zeit am Computer verbringen!

Da je nach Schulstufe oder Schwerpunkt gerade bei AHS und NMS verschiedene Fächer geprüft werden und z.B. Religion bzw. Ethik freiwillige Prüfungen sind, habe ich nach Möglichkeit alle relevanten Fächer einbezogen. Sollte doch noch ein Fach hinzukommen, das nicht enthalten ist (wie z. B. Ernährungskunde oder Psychologie/Philosophie in der Oberstufe), sind auch Blanko-Seiten enthalten.

Also einfach die Seiten ausdrucken, die für euch in Frage kommen, die Blätter in einen Schnellhefter oder eine Ringmappe heften oder auch in einem Copyshop binden lassen – und loslegen!

Als Gratis-Zuckerl habe ich euch unsere Tagesplanung eingestellt! Diese Seiten können natürlich je nach Bedarf ausgedruckt werden.

HIER kommst du direkt zu den Planungshilfen!

Ich wünsche euch alles Gute bei der Planung und einen erfolgreichen Start ins Homeschool-Jahr!

ACHTUNG! 15. August = neue Frist für die Anzeige des häuslichen Unterrichts

An alle, die noch mit dem Gedanken spielen, ihre Kinder in den häuslichen Untericht abzumelden:
Die neue Frist für die Einreichung des Antrags und aller Dokumente endet im Bundesland Salzburg morgen, am 15. August!
Die normale Regelung bis zum Freitag vor Schulbeginn ist anscheinend nicht mehr gültig, auch, wenn beide Fristen am Formular stehen.
Je nachdem, bei welcher Stelle man sich erkundigt, ist ein Antrag nach dem 15. August in Ausnahmefällen möglich, nicht möglich oder es handelt sich um eine „Grauzone“.

Also, am besten nicht drauf ankommen lassen…

Alle Dokumente können auch per eMail an die Bildungsdirektion geschickt werden.

Alles Gute euch allen in dieser „spannenden“ Zeit!

Lehrerin auf Entzug

Jetzt ist dieses Schuljahr endlich geschafft – es waren ja ein paar turbulente Monate mit den vielen Umstellungen, die der Corona-Virus uns abverlangt hat!

Am leichtesten hatten es während der Schulschließungen wohl die, die sowieso schon zu Hause gelernt haben!

Aber trotzdem war dieses Schuljahr bestimmt für alle nicht einfach. Da haben wir es uns wohl verdient, uns zurück zu lehnen und auch mal was Nettes im Fernsehen anzuschauen. Letztens bin ich auf eine neue Mini-Serie aufmerksam gemacht worden, die den Nagel für viele engagierte Lehrer auf den Kopf trifft: Lehrerin auf Entzug!
Hier ein kleine Info zu der Serie:

Ein Wahnsinn …

Grundschullehrerin Tina Färber (Christine Eixenberger) sehnt sich das Ende des Homeschooling herbei. Sie hat die Nase voll von schlechtem W-LAN, besserwissenden Eltern und überforderten Schülern. Sie will ihren Frontalunterricht zurück. Und tatsächlich, die Schulen öffnen wieder – aber ohne Tina. Sie soll eine Homeschooling-Musterklasse leiten. Von wo? Natürlich von Zuhause.

Schaut mal rein!
https://www.zdf.de/serien/lehrerin-auf-entzug

Erneut ein Leserbrief

Wieder einmal fand ich beim Frühstückskaffee einen Artikel in den Salzburg Nachrichten über die „armen Kinder“, die im häuslichen Unterricht darben müssen. Das konnte ich einfach nicht unkommentiert lassen. Hier der Artikel:

Im Folgenden der Leserbief, so, wie ich ihn an die Redaktion geschickt habe:

Sehr geehrte Redaktion der SN,

In Bezug auf Ihren Artikel „Österreichs vergessene Schüler“ vom 30. 1. 2019 möchte ich Folgendes kommentieren:

Wir haben unsere Tochter nach der 2. Klasse Gymnasium aus der Schule genommen und sie hat die Zeit bis zum Ende der 4. Klasse im häuslichen Unterricht verbracht. Unsere Gründe dafür waren sehr vielschichtig. Keiner davon hatte etwas mit religiösen Weltanschauungen, politischem Extremismus oder Reinheitsfanatismus zu tun. Es war für sie zu der Zeit einfach nicht zielführend – bildungsmäßig sowie persönlich – die Regelschule zu besuchen.

Leider geistert die Idee nach wie vor herum, dass Kinder im häuslichen Unterricht von der Außenwelt abgeschnitten sind, keinen sozialen Kontakt haben und keine anderen Sichtweisen kennenlernen. Mit ein bisschen Recherche wird schnell klar, dass den meisten Eltern von Homeschoolern gerade der Sozialkontakt extrem wichtig ist – wie es auch bei uns der Fall war – und hier alles unternommen wird, um diesen den Kindern zu ermöglichen. Nicht erzwungenermaßen jeden Tag mit den gleichen Mitschülern, sondern auf vielfältige Weise.

Ich verstehe die Besorgnis, dass Sekten oder demokratiefeindliche Gruppierungen den Hausunterricht missbrauchen könnten. Ich glaube aber nicht, dass das Problem daran der häusliche Unterricht selber ist. Solche Gruppierungen tendieren dazu, ihre eigenen Lerngruppen oder Schulen zu bilden. Eltern, die Ihre Kinder ganz oder für einige Jahre zu Hause lernen lassen, fallen meine ich nicht in diese Gruppe.

Zu den Freilernern möchte ich anmerken, dass hier natürlich eine Überprüfung schwer möglich ist. Wenn Sie aber schreiben, dass bei Besuchen durch das Jugendamt meist ein total engagiertes Elternhaus vorgefunden wird, das die Kinder unterstützt, sagt Ihnen das dann nichts? Vielleicht sind auch diese Eltern nicht allesamt Esoteriker oder religiöse Fanatiker.

Auch kann ich mit der Verallgemeinerung „es handelt sich um Eltern, die selbst schlechte Erfahrungen gemacht haben und die Illusion aufrechterhalten, es gibt eine böse, kalte, technokratische Welt da draußen“ nicht viel anfangen. Wenn ich auf meine eigene Schullaufbahn zurückblicke, bin im Großen und Ganzen gut durch die Schule gekommen, habe erfolgreich maturiert und mein Leben lang immer gerne gelernt. Auch war unser Hintergedanke nicht, unsere Tochter vor der „bösen kalten Welt da draußen“ zu schützen. In die Schachtel „Links, Rechts, Esoteriker oder Reinheitsfanatiker“ lasse ich mich schon gar nicht gerne bugsieren.

Ich gebe Frau S., Volksschuldirektorin im Ruhestand, recht, dass die Externistenprüfungen, wenn sie gesetzeskonform durchgeführt werden (und das wurden sie offensichtlich in unserem Fall, inklusive genauer Protokolle) eine Zumutung für das Kind sind. Es wundert mich nicht, zu hören, dass Eltern ihren Kindern diese Prüfungen erleichtern möchten („Prüfungstourismus“). Es wäre dringend nötig, dieses Prüfungssystem für Externisten zu überholen. Ein Vorschlag wäre zum Beispiel, dass die Kinder in jedem Fach ein Portfolio anlegen, das sie dann in einem Prüfungsgespräch erläutern, und dazu vielleicht noch ein paar Fragen gestellt werden, um zu sehen, ob sie den Stoff verstanden haben. So könnte die Prüfungsperson einen guten Einblick bekommen, was das Kind das Jahr über gemacht hat und nicht nur einen Wissenseindruck von einem Tag bekommen, an dem viele Schüler auch noch mit horrender Aufgeregtheit kämpfen müssen. Wenn die Art, wie geprüft wird, dem heutigen Standard angepasst wird, erübrigt es sich auch, dass, wie im Artikel erwähnt, Kinder durch die Prüfungen geschleust werden, ohne den Stoff wirklich zu beherrschen.

Im Artikel wird auch angeführt, dass die Tendenz zum häuslichen Unterricht steigend ist. Meiner Meinung nach ist der Hauptgrund dafür nicht in einer Radikalisierung der Eltern zu suchen, sondern einfach nur darin, dass mehr und mehr Eltern die Situation unseres Bildungssystems, das leider an allen Ecken und Enden hinkt, nicht mehr hinnehmen wollen und sich nach Alternativen für ihre Kinder umsehen. Die allermeisten Lehrer sind kompetent und engagiert, das System Schule passt aber einfach nicht zu jeder Zeit auf jedes Kind.Für uns hat der Ausflug in den häuslichen Unterricht einen positiven Eindruck hinterlassen, sie sollte den Eltern weiterhin als Alternative möglich sein. Unsere Tochter besucht mittlerweile die Oberstufe in einer guten Schule, in der ihre Interessen optimal gefördert werden können, hat einen großen, vielfältigen Freundeskreis, gute Noten und ist eine interessierte und bestens sozialisierte Schülerin.

Der Text war offensichtlich zu lang für einen Leserbrief (meine Texte werden immer etwas lang…), er wurde verkürzt abgedruckt:

Interessant ist, dass gerade meine Gedanken zum Thema Externistenprüfungen und Prüfungstourismus herausgenommen wurden, wo das ja die Headline war. Trotzdem fand ich es positiv, dass er gleich ein paar Tage darauf gedruckt wurde!